Die Liebe der Fische

Gestern traf ich auf dem Laugavegur Hans Örlygsson. Er hat abgenommen, was ihm meines Erachtens besser steht.
Es sind nicht einmal hundert Seiten, auf denen die isländische Autorin ihre kleine Liebesgeschichte zwischen Hans und Samanta ausbreitet. Die beiden lernen sich eines Tages zufällig im Ausland kennen, verbringen den Nachmittag miteinander, gehen abends essen. Zum zweiten Mal begegnen sie sich erst ein halbes Jahr später, diesmal in Island. Zwischen den beiden entspinnt sich eine kurze, aber anscheinend nicht minder heftige Affäre.

Es sind nicht einmal hundert Seiten, und das ist auch gut so, denn mehr dürften's wirklich nicht sein. Irgendwann beginnt man sich zu fragen, ob die Autorin entweder gnadenlos unbeholfen-verkitscht oder die Übersetzerin einfach sturzbetrunken war:
Ich ging in den Garten, um die Eberesche zu betrachten, wo Küsse in siamesischer Position zur Ausführung gelangten.
Bitte? - Gesundheit.
Satzabartigkeiten wie diese finden sich noch öfter. Anderes Beispiel gefällig? Hier:
Draußen war es jetzt taghell, und in meinem Garten hinter dem Haus eskalierten die Koloraturtriller der Drosseln.
Die Sprache ist dermaßen ungelenk, hölzern und unecht, dass die Geschichte (die übrigens auch mit einer beachtenswerten Lieblosigkeit dahingematscht wird) völlig außer Sichtweite gerät. Die Erzählerin verkommt bereits früh zu einer naiv-blöden Langweilerin, deren Handlungen nicht einmal für sie selbst nachvollziehbar sind. Mit »Vernunftbegabung« und »Selbstkontrolle« jedenfalls hat ihr Verhalten wenig zu tun. Allerhöchstens zeigt sie sporadische Sentimentalität.
Man fragt sich, was hier eigentlich vor sich geht, und vor allem auch: Was soll dieser Roman eigentlich? Was will er uns geben?
Jeder Reiseführer bringt einem Island näher. Von einer Liebesgeschichte ist weit und breit nichts zu sehen; von einer »isländischen Amour fou, die mitten ins Herz trifft«, wie der Klappentext großspurig tönt, erst recht nicht.

Die Liebe der Fische

96 Seiten, € 6,99, broschiert / kartoniert
Rowohlt, ISBN 978-3499234941
aus dem Isländischen von Coletta Brüning

Rezensiert von Alexander Schau