Wie der Soldat das Grammofon repariert

Opa Slavko maß meinen Kopf mit Omas Wäschestrick aus, ich bekam einen Zauberhut, einen spitzen Zauberhut aus Kartonpapier, und Opa Slavko sagte: eigentlich bin ich noch zu jung für so einen Quatsch und du schon zu alt. Ich bekam einen Zauberhut mit gelben und blauen Sternen, sie zogen gelbe und blaue Schweife, dazu schnippelte ich eine kleine Mondsichel und zwei Dreiecksraketen aus, eine flog Gagarin, die andere Opa Slavko.
Aleksander verarbeitet seine Kindheitserinnerungen aus einer Zeit, in der seine Heimat durch den Krieg in Stücke gerissen wurde. Naive Träumereien und poetische Anekdoten beleuchten die Absurdität und dabei auch die Menschlichkeiten und Normalitäten, die meist ausgeblendet werden wenn es um den Yugoslawien-Konflikt geht. Gerade die kindliche Erzähl-Perspektive bietet einen viel unverstellteren Blick auf Alltagssituationen von Menschen, die den Krieg weder wollten noch komplett verstehen, sich aber darin irgendwie zurecht finden müssen.
Er schleift ein Grammophon hinter sich her, wie eine Gans zum Schlachten hat er es am Trichter gepackt, hebt es über die Schwelle. Gleich! Männer! Sika Seads Grammofon links, die glanzpolierte Kalaschnikow rechts. Gleich, gleich, gleich, hallt es im Treppenhaus, und die Bewaffneten und die Gefesselten horchen. Der Sieger mit dem größten Kopf der Welt setzt den Tonarm auf die Platte, aber nichts geschieht gleich ...
Die Erzählstränge wirken teilweise sehr zerrissen und behandeln abwechselnd verschiedene Familienmitglieder und ihre Erlebnisse. Auffällig ist vor allem die Sprache: Aleksander erzählt fantasievolle Geschichten, die so, wie sie ihm einfallen, aufs Papier zu fließen scheinen: spontan, manchmal unzusammenhängend aber immer les- und nachvollziehbar. Durch diese Erzählungen schimmert nach und nach der hereinbrechende Krieg hindurch und wird durch die vielen Nuancen fast spürbar gemacht.

Seine Familie findet Asyl in Deutschland, wo er aufwächst. Ohne Anhaltspunkt kehrt Aleksander nach dem Krieg noch einmal zurück nach Bosnien um seine Kindheitsliebe wiederzufinden, Asija. Der Krieg brachte sie zusammen und trennte sie wieder. Aber er konnte sie in all der Zeit nicht vergessen.

Insgesamt ist das Buch eine liebevolle Auseinandersetzung eines jungen Autors mit seiner Heimat, die er als 14-Jähriger verlassen musste/konnte. Die Eindrücke, die die Erzählung hinterlässt, scheinen ebenso authentisch wie sie für seine Jugend prägend gewesen sein müssen.

Wie der Soldat das Grammofon repariert

320 Seiten, € 8,99,
btb, ISBN 978-3442737628

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Rezensiert von Alexander Schau