Kein bisschen Liebe
Der jämmerliche kleine Säufer lief mir fast täglich über den Weg. Er trieb sich am Strand herum und war ein menschliches Wrack.Der Titel hält, was er verspricht: Diese kurzen Episoden aus dem Leben des namenlosen Erzählers drehen sich um alles, um Alkohol und Nutten, den gewitterüberzogenen Strand, das Angeln und intime Sexphantasien, aber kein bisschen um Liebe. Die hat hier, in einem kleinen Dorf ein paar Kilometer vor Havanna, keinen Platz, und die Menschen scheinen sie auch nicht zu vermissen. Das Leben kommt hier ohne Liebe aus, viel wichtiger ist die Frage danach, was man essen soll, und wovon es bezahlen. Die Menschen sind nicht reich, sie sind richtig arme Schlucker, die nichts haben außer vollgepinkelten Matratzen, wackelnden Tischen und vor Dreck und Schmutz stehenden Kleidern.
Sie nahm die Kerze. Mit der Hand schirmte sie die Flamme ab und begleitete mich zur Tür. Sie öffnete nur einen Spalt, damit ihr der Wind nicht die Kerze ausblies. Das Wasser reichte uns bis an die Oberschenkel. Ich ging durchs Tor und rief zum Abschied:Sonderlich originell sind diese Szenarien nicht, und interessant erst recht nicht. Charles Bukowski hätte vermutlich seine helle Freude an diesen kaputten Menschen gehabt und den Löchern, in denen sie leben - aber ich bin nicht Charles Bukowski, und all das hat mich überhaupt nicht erreicht. Bis auf zwei, drei Episoden, in denen Gutiérrez das elende Bild ein wenig aufbricht und fast so etwas wie Gefühle zulässt, war mir der ganze große Rest zu grau, zu verwaschen. Langweilige Monotonie, die sich zwar flott liest, aber dennoch kaum etwas zu erzählen hat. Vermutlich ist aber Kuba, wie man es sich eben vorstellt, genau so: Dreckig, heruntergekommen und vor allen Dingen unheimlich trostlos. Etwas mehr Farbe und weniger Weltuntergangssschmerz hätten dem Erzählten wohl nicht geschadet; so aber bleibt das Ganze irgendwie sehr konturenlos und plätschert ohne Überraschungen vor sich hin. Eine äußerst kurzweilige Ablenkung für zwischendurch, aber auch nicht mehr.
»Wir sehen uns morgen, Puppe.«
»Hör mal, nein. Vergiss diesen Spitznamen. Ich heiße Antonia.«
»Wir sehen uns morgen, Antonia.«
»Bis morgen.«
Kein bisschen Liebe
155 Seiten, € 19,95, gebunden
Hoffmann & Campe, ISBN 978-3455025491
Luis Ruby
Hoffmann & Campe, ISBN 978-3455025491
Luis Ruby
Rezensiert von Alexander Schau
Alex lebt schon eine Weile nicht mehr in Leipzig, liebt aber immer noch Ebooks und liest eigenen Angaben zufolge durchschnittlich 6,73 Bücher pro Monat. Paulo Coelho findet er immer noch widerlich, daran hat auch der Umzug nichts geändert.