Die Pendragon-Legende

»My way is to begin with the beginning, ich pflege mit dem Anfang zu beginnen«, sagte Lord Byron, und er muss schließlich gewusst haben, was sich ziemt, wenn von vornehmen Engländern die Rede ist.
Antal Szerb ist seit über sechzig Jahren tot. Seine Romane sind demnach auch nicht mehr die aktuellsten und haben schon einige Jährchen auf dem Buckel. Vor erst relativ kurzer Zeit entdeckte der dtv den Ungarn quasi neu und legte seine Romane neu auf. Die »Reise im Mondlicht« war vor fünf, sechs Jahren so etwas wie eine von Medien und Lesern – zu Recht! - gefeierte Wiederentdeckung.

»Die Pendragon-Legende« ist ein Buch, das sich schwerlich in irgendein Raster pressen lässt: Es ist Detektivgeschichte, Kriminalroman, Gespenstermärchen und noch einiges mehr gleichzeitig.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht der junge János Bátky, der durch Zufall die Bekanntschaft eines walisischen Earls macht. Dieser lädt den jungen Doktor der Philosophie ein, ihn auf seinem Schloss zu besuchen – einem Schloss, dessen außerordentliche Bibliothek weithin bekannt ist. Bátkys Reise nimmt schon vor seiner Ankunft auf dem Schloss merkwürdige Formen an, er erhält einen mysteriösen Anruf, durch den er davor gewarnt wird, sich in die Angelegenheiten fremder Leute einzumischen. Im Schloss eingetroffen, wird Bátky sehr bald in eine Geschichte hineingezogen, aus der es für ihn kurz darauf schon kein Entkommen mehr zu geben scheint. Ein großes Geheimnis rankt sich um das Schloss und seine Bewohner, und schnell steckt der Besucher mittendrin in einem Sog, aus dem es kein Entkommen mehr für ihn gibt.
Meine Cynthia war eine Frau, die in Ohnmacht fällt, wenn sie ihren Geliebten beim Würstchenessen erwischt, dennoch ohrfeigt sie gelegentlich ihre Zofe kräftig – ein Burgfräulein, das hochmütig in seinem kleinen lyrischen Leben thront und nicht merkt, dass inzwischen ganze Völker verhungert sind.
Ich gestehe: Krimis und dergleichen sind ansonsten überhaupt nichts für mich. Wenn es ein Genre gibt, dass ich wirklich zutiefst verabscheue, dann dieses.
Antal Szerb hat mich aber trotzdem dazu gekriegt, bis zur letzten Seite regelrecht mitzufiebern – voll Spannung darauf, wie's wohl weitergehen könnte. Das ist ein Verlangen, das ich beim Lesen schon lange nicht mehr hatte, und allein dafür hat sich die Lektüre gelohnt.
Aber da ist noch mehr, was mich wirklich einnimmt für die Legende der Pendragons; Szerb legt eine vorsichtige, aber trotzdem treffende Ironie an den Tag, die ich ganz großartig und vollends passend finde. Das Ganze ist sorgfältig recherchiert, sozusagen im Vorbeigehen erfährt man noch dazu ein paar interessante historische Details zu den Freimaurern und den Rosenkreuzern. Der Plot driftet zwar stellenweise in wirklich aberwitzige Bahnen ab, das Ganze wirkt hier und da sehr konstruiert und János in Anbetracht der Handlung zu naiv - aber das verzeiht man Szerb gern, solang er's denn derart feinsinnig erzählt.
Nichts fordert meinen zum Argwohn neigenden Pessimismus so sehr heraus wie weibliche Schönheit. Wenn ich ein Diktator wäre, würde ich schöne Frauen hinter Gitter bringen lassen. Der Lauf der Welt wäre dann ein viel friedlicherer.
Zusammengenommen ist »Die Pendragon-Legende« ein lesenswerter und wunderbar kurzweiliger Roman. Einer von diesen Schmökern, mit denen man sich's an einem regnerischen Sonntag zusammen mit Kakao und Decke getrost auf dem Sofa bequem machen darf.

Die Pendragon-Legende

320 Seiten, € 9,90, Taschenbuch
dtv, ISBN 978-3423137126
aus dem Ungarischen von Susanna Großmann-Vendrey

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Rezensiert von Alexander Schau