Rumo & Die Wunder im Dunkeln

Rumo konnte gut kämpfen. Aber zu dem Zeitpunkt, an dem seine Geschichte beginnt, hatte er davon noch keine Ahnung, und er wußte auch nicht, daß er ein Wolpertinger war und einmal der größte Held von Zamonien werden sollte.
In seinem dritten Roman um den Kontinent Zamonien, stellt Autor Walter Moers den Wolpertinger Rumo, den Leser des ersten Buches »Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär« kennen werden, in den Mittelpunkt der Geschehnisse. „Rumo und die Wunder im Dunkeln“ spielt teilweise parallel zu den Abenteuern im Blaubären, ist jedoch eine ganze Ecke düsterer und brutaler als dieser. Darüber hinaus besteht es aus zwei Büchern, Obenwelt und Untenwelt, deren Benennung wörtlich zu nehmen ist. Im ersten Teil wächst Rumo heran, erkennt seine Bestimmung und erwirbt das Wissen, das für die Erfüllung seines Schicksales notwendig ist. Im zweiten Teil wendet er all dies an und geht daran sich endgültig zu beweisen.

Rumo genießt zunächst ein sehr angenehmes Dasein, das wohl seiner wolpertingertypischen Niedlichkeit zuzuschreiben ist, auf dem Bauernhof einer Fhernhachenfamilie. Jedoch wird diese nur wenige Seiten später von einer Rotte Teufelsfelszyklopen entführt und für Rumo ist es an der Zeit erwachsen zu werden und eine Reihe Abenteuer zu bestehen. Er lernt die Haifischmade Volzotan Smeik kennen, die ihm einerseits seinen Namen gibt (Rumo ist in Zamonien ein Kartenspiel) und ihn andererseits lehrt sein Erbe zu nutzen, um beide zu retten.

Ab hier kommt der Leser vor lauter Mord und Totschlag kaum mehr richtig zu Atem, sodass man geneigt ist Vokabeln wie morbide, skurril, obskur oder makaber auf die Geschichte anzuwenden. Die Protagonisten laufen von einer Gefahr auf direktem Wege in die nächste, Armeen treffen aufeinander und ein Gemetzel jagt das nächste. Doch trotz all dieser Düsternis betritt der gewohnte Moers’sche Humor wie beiläufig eingestreut regelmäßig die Bühne, um Lachkrämpfe auszulösen. Etwa in Forme von Grinzold und Löwenzahn.

Neben der gewohnten schriftstellerischen Agilität des Autors, in Gestalt äußerst fantasievoller Geschöpfe, Schauplätze und Wendungen, findet man bei Rumo jedoch auch eine Neuerung in Forme einer Liebesgeschichte, die einen sehr deutlichen roten oder eher silbernen Faden darstellt, jedoch insgesamt vor den um ein Vielfaches aufregenderen anderweitigen Ereignissen verblasst. Sie scheint letzten Endes nur Mittel zum Zweck zu sein und lässt sich gnädig überlesen.

Hatte man beim Blaubären noch das Gefühl, Moers verschieße mit Feuereifer und teilweise unkontrolliert seine Ideen, so als käme er mit dem Schreiben kaum nach, wirkt der dritte Zamonienroman überlegter. Die Geschichte ist stellenweise vorhersehbar, nimmt sich aber keineswegs schal aus, sondern wirkt vielmehr nach einem konkreten Konzept geschrieben, das für einen Abenteuerroman typisch erscheint.
Die Farbigkeit und den unbändigen Witz mag mancher Leser zwar streckenweise vermissen, er wird jedoch durch den gewohnten Ideenreichtum und eine atemlose Spannung allemal entschädigt. Wieder einmal hervorzuheben sind überdies die vom Autor selbst angefertigten Illustrationen. »Rumo und die Wunder im Dunkeln« ist insgesamt ein durch und durch gelungenes Werk und wird erst recht auf Anklang stoßen, wenn man »Die Stadt der träumenden Bücher« für gut befunden hat.

Rumo & Die Wunder im Dunkeln

704 Seiten, € 16,00, Taschenbuch
Piper, ISBN 978-3492241779

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Rezensiert von Juliane Kopietz